Das Datenbank-Infosystem (DBIS) ist groß und unüberschaubar. Manch unscheinbare Datenbank entpuppt sich trotz einer älteren Benutzeroberfläche als wahre Fundgrube, andere vermeintlich vielversprechende Projekte sind nicht mehr aktuell oder enthalten nur wenige Daten. Wir haben uns einmal durch das gesamte Fachgebiet Informations-, Buch- und Bibliothekswesen, Handschriftenkunde geklickt. Hier ist unser (sicherlich unvollständiger) Überblick zur Buch- und Bibliotheksgeschichte.
Online-Bibliographien
Forschungsdokumentationskatalog der Universitäts- und Forschungsbibliothek Erfurt/Gotha
Inhalt: Die Forschungsdokumentation enthält Forschungsliteratur zu Handschriften und anderen historischen Beständen der Universitätsbibliothek Erfurt und der Forschungsbibliothek Gotha. – Da die Forschungsbibliothek über große Altbestände aus dem Mittelalter und aus der Frühen Neuzeit verfügt, empfiehlt sich diese Datenbank für alle, die sich mit der deutschen Buchgeschichte dieser Epochen befassen. Erfasst sind ca. 10.000 Einträge. Aktualität: Die Datenbank wird laufend gepflegt. Benutzung: Es handelt sich um einen klassischen OPAC, der vielfältig durchsuchbar ist.
Bibliography of Library History
Inhalt: Die Bibliographie der American Library Association enhält Schriften zur Geschichte der Bibliotheken, des Bibliothekswesens und der Buchkultur. Insbesondere amerikanische Forschungsergebnisse werden stark berücksichtigt, der thematische Fokus ist jedoch international. Aktualität: Die Bibliographie wurde 2019 eingestellt. Benutzung: Die Bibliographie erscheint zweimal jährlich in Textform und ist leider nicht systematisch durchsuchbar. Für Forschende der Bibliotheksgeschichte kann es sich dennoch lohnen, sich durch alle Ausgaben durchzuklicken und sich mit Strg + F zu behelfen.
Bibliopolis
Inhalt: Wer sich mit der Buch(handels)geschichte der Niederlande befasst, kommt um diese von der niederländischen Nationalbibliothek herausgegebene Datenbank nicht herum. Neben Sekundärliteratur (ca. 20.000 Einträge) liefert sie den Volltext des „Geschiedenis Van Het gedrukte Boek in Nederland“, eine Personen- und eine Bilddatenbank, sowie die Möglichkeit nach Auktionen zu recherchieren. Aktualität: Die Bibliographie enthält keine Publikationen, die über das Erscheinungsjahr 2013 hinausgehen. Benutzung: Das Portal bietet eine klassische erweiterte Suche, die auf die Inhalte des Portals sehr gut angepasst ist.
Women in Book History Bibliography
Inhalt: Women in Book History Bibliography, herausgegeben von Cait Coker and Kate Ozment, verzeichnet Sekundärliteratur zu Schriftstellerinnen und Frauen im Buchwesen in England und der USA (1500-1800). Die Datenbank enthält ca. 2000 ausgesuchte und sachlich erschlossene Einträge. Aktualität: Die Datenbank wird laufend aktualisiert. Benutzung: Jeder Titeleintrag wird in Hinblick auf relevante Forschungsfelder sowie zeitliche und geographische Bezüge erschlossen und ist auch danach durchsuchbar.
Für den FID BBI lizenziert: Book History Online
Inhalt: Book History Online enthält Literaturnachweise zur Geschichte des Buches und des Bibliothekswesens aus der deutschen, englischen, französischen und niederländischen Literatur.
Aktualität: Die Bill-Datenbank wird regelmäßig aktualisiert und um neue Nachweise ergänzt. Benutzung: Die Datenbank ist für Berufspraktier*innen und Forschende zugänglich, die im Portal FID BBI registriert und angemeldet sind. Der Zugriff erfolgt über unsere Datenbankenseite.
Hilfsmittel
Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland, Österreich und Europa
Inhalt: Das Handbuch wird von der SUB Göttingen betrieben und führt Informationen zu den deutschsprachigen Altbeständen in deutschen und europäischen Bibliotheken. Insbesondere für die Provenienzrecherche ist die Datenbank eine zentrale Anlaufstelle. Aktualität: Das Handbuch ist communitybasiert und kann von dieser bearbeitet werden. Garantieren lässt sich die Aktualität bei diesem Modell natürlich nicht. Benutzung: Nutzer*innen können über eine Volltextsuche recherchieren, oder über die Gliederung einzelne Bibliotheksstandorte nachschlagen.
Typolexikon
Was ist der Unterschied zwischen Hurenkind und Schusterjunge? Was ist eine Kustode? Das von Wolfert Beinert herausgegebene Typolexikon gibt zu den Termini der historischen und zeitgenössischen Typographie sehr umfassend Auskunft. Das Lexikon wird ausdrücklich als populärwissenschaftliches Projekt deklariert, Die Artikel werden dennoch regelmäßig durch Literaturempfehlungen und Quellenangaben gestützt, die Anknüpfungspunkte für weitere Recherchen bilden können. Insgesamt zeugen die Texte von einer immensen Sachkenntnis ihres Verfassers, der selbst seit Jahrzehnten als Typograf und Designer aktiv ist. Aktualität: Das Lexikon wird stetig gepflegt und ergänzt. Benutzung: Die Suche kann entweder über die Freitextsuche oder über ein alphabetisches Register erfolgen.
CERL Thesaurus
Inhalt: Der CERL Thesaurus ist für die Frühe Neuzeit das, was die GND für die Gegenwart ist. Die Datenbank führt 1,4 Millionen Namen für Druckorte, Drucker, Verfasser und Verleger bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts. Wer Benedict Carpzov (1565-1624) und Benedict Carpzov jun. (1595-1666) zuverlässig auseinanderhalten und ggf. weitere Literaturhinweise finden möchte, ist hier an der richtigen Stelle. Aktualität: Der Thesaurus ist ein laufendes Projekt des Consortium of European Research Libraries und wird stetig gepflegt und ausgebaut. Benutzung: Nach einer einfachen Suche können die Daten über die Facetten auf der rechten Seite gefiltert werden.
The British Book Trade Index
Inhalt: Die Datenbank befasst sich mit dem Buchhandel in England und Wales bis zum Jahr 1850, und enthält – genau wie der CERL Thesaurus – biographische Rahmendaten zu Buchdruckern, Verlegern, Buchhändlern und anderen Personengruppen, die sich im Buchhandel betätigten. Aktualität: BBTI basiert auf einem Projekt der University of Birmingham (2002-2005) und wurde 2015 in das Centre for the Study of the Book in Oxford überführt, wo sie seitdem weiter betreut wird. Benutzung: Die erweiterte Suche lässt keine Wünsche offen.
The Scottish Book Trade Index
Inhalt: Die Datenbank ist genauso aufgebaut wie der English Book Trade Index und befasst sich mit dem Buchhandel in Schottland bis zum Jahr 1850. Auch hier finden Sie biographische Rahmendaten zu Buchdruckern, Verlegern, Buchhändlern und anderen Berufsgruppen. Aktualität: Die Datenbank wird von der National Library of Scotland gepflegt. Zum Umfang und zur Aktualität fanden sich leider keine Angaben. Benutzung: Nach einer einfachen Suche können die Daten über die Facetten auf der rechten Seite gefiltert werden.
Slovník Ceskích Nakladatelství 1849–1949
Inhalt: Die von Aleš Zach begründete und kuratierte Datenbank verzeichnet professionelle Verlage, Buchhandlungen und Druckereien, die in den böhmischen Ländern zwischen 1849 und 1949 aktiv waren. Aktualität: Den Datierungen unter den Titeleinträgen zufolge wird die Datenbank stetig aktualisiert.
Benutzung: Die Suche erfolgt entweder über eine Freitextsuche oder über ein alphabetisches Register.
Archivalische Quellen und Forschungsdateneditionen
Inventar Archivalischer Quellen zur Geschichte des Deutschen Buchhandels und Verlagswesens im 19. und 20. Jahrhundert
Inhalt: Die Datenbank dokumentiert Quellen in Bezug auf Buchhandel und Verlagswesen im 20. und 19. Jahrhundert. Die Quellen stammen aus 572 Staats- und kommunalen Archiven (insgesamt circa 80.000 Aktenbände). Aktualität: Das Projekt wurde 1998 abgeschlossen, so dass einige jüngere Funde oder Erwerbungen eventuell nicht berücksichtigt sind. Benutzung: Die Datenbank kann über eine Volltextsuche oder über ein Register (Personen, Körperschaften, Publikationen, Orte, Sachschlagworte und Provenienzen abgefragt werden). Manchmal dauert es ein wenig, bis die Ergebnisse laden.
Buchhändlerische Geschäftsrundschreiben
Inhalt: Die über 20.000 Buchhändlerischen Geschäftsrundschreiben der Jahre 1737-1950 enthalten Nachrichten über Firmengründungen, Änderungen der Inhaberschaft oder des Namens, das Erlöschen von Unternehmen und andere branchenrelevante Informationen. Aktualität: Es sind über 20.460 Geschäftsrundschreiben von ca. 25.000 überlieferten Geschäftsrundschreiben erschlossen. Benutzung: Nachdem die ursprüngliche Recherchedatenbank wohl nicht weiter gepflegt wird und durchsuchbar ist, werden die Originale, Metadaten und Digitalisate von der DNB bereitgestellt. Die Recherche darin ist nur über eine Freitextsuche und mit Boolschen Operatoren möglich, wobei die Suche in den Gesamtkatalog wechselt, sobald das Kürzel „partOfAuthority=103243757X“ nicht mehr enthalten ist.
UK Reading Experience Database
Inhalt: Die Datenbank UK RED dokumentiert mit über 30.000 Einträgen die Leseerfahrungen britischer Bürger*innen im In- und Ausland (1450-1945). Die Zeugnisse stammen aus Tagebüchern, Memoiren, Umfragen, Gefängnisunterlagen und zahlreichen anderen Quellentypen. Aktualität: Das Projekt wurde zuletzt 2011 finanziell gefördert. Benutzung: Die Rezeptionsspuren können in der erweiterten Suche nach zahlreichen Faktoren durchsucht werden, u.a. nach dem Zeitpunkt der Lektüre, nach dem Profil des Lesers (Alter, Geschlecht, sozialer Status, Religion) und nach dem Inhalt der Lektüre (Textgattungen oder bestimmte Werke). Sogar der Ort der Lektüre kann mit abgefragt werden.
The French Book Trade in Enlightenment Europe
Inhalt: Die Datenbank „French Book Trade in Enlightenment Europe“ (FBTEE) dokumentiert den Handel der Société Typographique de Neuchâtel (STN), eines Schweizer Verlagshauses (1769-1794). Sie verzeichnet Handelswege von über 4000 Werken und eignet sich dazu, den Transfer von Schriften und Ideen im Europa dieser Zeit nachzuvollziehen. Aktualität: Die Datenbank wurde am 25. Juni 2012 online veröffentlicht. Ob sie noch weiter gepflegt wird, ist nicht ersichtlich. Benutzung: Die Datenbank kann auf zahlreiche Faktoren (Autor, Werk, Buchhändler, Buchdrucker, Verkaufsorte, Versandorte uvm.) hin abgefragt werden. Darüber hinaus können die Suchergebnisse auf einer Karte visualisiert werden.
Zensur
Inhalt: Die Datenbank Zensur umfasst Schriften, die zwischen 1750 und 1848 in Österreich verboten waren. Zu jedem Werk werden Kontextinformationen zum Grad der Zensur angeführt. Die Datenbank wurde von der Komparatistik der Universität Wien bereitgestellt. Aktualität: Die Kernarbeiten fanden zwischen 1999 und 2012 statt, weitere Ergänzungen folgten danach. Benutzung: In dem Portal können einfache Suchen durchgeführt werden, die über die Facetten auf der linken Seite nach Jahr, Sprachen und Verbotskategorien eingegrenzt werden können.
Verbrannte Orte
Inhalt: Der Online-Atlas informiert über die Bücherverbrennungen des Jahres 1933 und kombiniert diese mit (historischen) Fotos und Zeitzeugenberichten. Die Datenbank ist einerseits ein wichtiger Beitrag zur Erinnerungskultur, andererseits aber auch eine erste Anlaufstelle für lokalhistorische Forschungen. Aktualität: Die Datenbank wurde erst 2021 online veröffentlicht. Eine stetige Aktualisierung ist beabsichtigt. Benutzung: Die Suche erfolgt entweder explorativ über die Markierungen auf der Karte, oder über die gezielte Suche nach Ortsnamen direkt im Suchfeld.
Fazit
Diese vor allem aus der DBIS geniererte Überblick ergibt ein tolles Portfolio. Insbesondere für diejenigen, die sich mit der europäischen Buchhandelsgeschichte der (frühen) Neuzeit befassen, bleiben (fast) keine Wünsche offen. Es fanden sich jedoch nur wenige Datenbanken, deren Inhalte sich auf den außereuropäischen Raum beziehen. Wir freuen uns hier ganz besonders über die Hinweise von Leser*innen – in der Hoffnung, dass wir diese Liste nicht nur ergänzen, sondern diesem Thema vielleicht auch einen eigenen Blogartikel widmen können.
Digitale Bestandsnachweise für Handschriften und Alte Drucke wurden hier übrigens mit Absicht nicht berücksichtigt, da das ein Thema für sich ist. In Bezug auf Alte Drucke, kann unser Artikel Alte Drucke und Digitalisate recherchieren – Die wichtigsten Sucheinstiege Ihnen sicherlich weiterhelfen.